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Der Zerstörungsprozeß beginnt (meist an der Außenseite) zunächst punktförmig als Lochfraß. Dabei dringt das mit Schadstoffen angereicherte Regen- oder Kondenswasser durch mikroskopisch feine Risse der Glashaut in das 'weichere' Glasinnere ein. Am Ende verschiedener chemischer Reaktionen entstehen neben anderen Produkten Gipskristalle, die aus den Mikrorissen hervorquellen und schollenartig die Oberfläche anheben. Der Gips wirkt einerseits stark wasseranziehend und speichernd, was die weitere Verwitterung begünstigt, andererseits ist er undurchsichtig, wodurch die künstlerische Wirkung des Glasgemäldes zerstört wird. Die zunächst punktförmigen, mit Korrosionsprodukten gefüllten Krater vergrößern sich im Laufe der Zeit und überziehen schließlich die gesamte Glasoberfläche als Flächenfraß. Zusätzlich kann die Transparenz (besonders bei manganhaltigen Gläsern) durch Verbräunungen im Inneren des Glases vermindert werden.


Alle mittelalterlichen Glasmalereien wurden im Laufe der Jahrhunderte in regelmäßigen Abständen gewartet, geflickt, ergänzt und seit dem 19. Jahrhundert auch restauriert. Nicht immer stand dabei die Bewahrung der historischen Substanz im Vordergrund. Gesprungene Gläser ergänzte man großzügig und ersetzte vermeintlich 'unpassende' Originalteile. Lockere Schwarzlotbemalung wurde abgeätzt und neu aufgetragen oder mit Glasfluß überdeckt und nochmals eingebrannt. Auch mit kalt aufgetragenen Lacken versuchte man dem Malereiverlust zu begegnen, was später zu schweren Schäden an der originalen Bemalung führte. Bei nassen Doublierungen klebte man das zerbrochene Originalglas auf ein rückseitiges Trägerglas oder zwischen zwei dünne Glasscheiben; die meist organischen Klebstoffe zeigen inzwischen starke Vergilbungserscheinungen und werfen häufig Blasen.
Bis in unsere Zeit werden immer wieder intakte Bleinetze ausgetauscht, um den Arbeitsaufwand und den Verdienst der Werkstatt zu erhöhen. Die solchermaßen überarbeiteten Glasmalereien sehen zwar häufig 'wie neu' aus, ihre historische Aussagekraft und ihr Wert als Kunstwerk werden dadurch jedoch stark gemindert.
Obwohl jede Scheibe ein spezifisches, eigens entwickeltes Restaurierungskonzept verlangt, lassen sich dennoch, grob vereinfacht, grundlegende Arbeitsschritte beschreiben: Lockere Malschichten müssen im Bedarfsfall gesichert werden, bevor man die Scheiben außen und innen trocken reinigen kann. Letzteres ist notwendig, um die wasserspeichernden Gipsschichten auszudünnen und die Transparenz wieder zu erhöhen. Die Reinigung, die unter dem Mikroskop kontrolliert wird, muß äußerst vorsichtig erfolgen und führt keinesfalls wieder zu einer blanken Glasoberfläche. Ein dünner Rest der Verwitterungsschicht bleibt erhalten, um die sehr empfindliche Glashaut zu schützen. Aus demselben Grund verbietet sich auch ein Abwaschen mit Wasser oder gar mit Chemikalien. Erwiesenermaßen zeigt eine optische 'sauber' gereinigte Scheibe innerhalb kürzester Zeit schlimmere Schädigungen als vor der Säuberung.
Parallel zu den restauratorischen Arbeiten können chemische Analysen von Glas- und Verwitterungsauflagen Aufschlüsse über eventuell erforderliche weitergehende Freilegungen und Konservierungsmaßnahmen geben. Sprünge werden mit speziellen Kunstharzen geklebt und Fehlstellen mit stilistisch passenden, signierten Ergänzungen geschlossen. Der Zustand des Bleinetzes ist zu überprüfen, vorhandene Schäden (Brüche, Instabilität) werden behoben.
Keine Restaurierungs- oder Konservierungsmaßnahme kann jedoch die Scheibe endgültig vor Zerstörungen bewahren. Als bislang bester und einziger Schutz vor weiteren Schäden und Verwitterungen hat sich der Einbau der Glasmalereien in einer stabilen Rahmung hinter einer Schutzverglasung aus klarem Glas erwiesen. Eine ausreichende Belüftung des Scheibenzwischenraums muß jedoch gewährleistet sein, um das Auftreten von schädigendem Kondenswasser möglichst zu vermeiden.

Schematische Darstellung einer Außenschutzverglasung (nach E. BACHER)
Erläuterungen zum Montagemodell:
a Schutzverglasung im ursprünglichen Fensterfalz
b Belüfteter Zwischenraum
c Originale gerahmte Farbverglasung auf Abstandhaltern montiert
1975 - Glasfenster aus dem Freiburger Münster. Freiburg i. Br., Augustinermuseum1978 - Die Parler und der Schöne Stil. 1350-1400. Köln, Kunsthalle (Schnütgen-Museum)
1985 - Vom Leben im späten Mittelalter. Der Hausbuchmeister oder Meister des Amsterdamer Kabinetts.
Amsterdam, Rijksmuseum / Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut
1989 - Les bâtisseurs des cathédrales gothiques. Strasbourg, Ancienne Douane (Les Musées de la Ville de Strasbourg)
1995 - Bilder aus Licht und Farbe.
1997 - Von der Ordnung der Welt.
1998/99 - Himmelslicht.2000 - Painting on Light. Drawing and Stained Glass in the Age of Dürer and Holbein. Los Angeles, The J. Paul Getty Museum. St. Louis, St. Louis Art Museum
2000 - Aufleuchten des Mittelalters.2001 - Spätmittelalter am Oberrhein. Alltag, Handwerk und Handel, 1350-1525. Karlsruhe, Badisches Landesmuseum. Maler und Werkstätten, 1450-1525. Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle
Die Glasgemäldesammlung der Großherzöge von Baden
